"Das ist unsere Familie, unsere Heimat, unser Engagement"
Die Randegger Ottilien-Quelle setzt auf ihre Region – und auf moderne Portalpacker
Die Randegger Ottilien-Quelle GmbH und „Kaiser“ Franz Beckenbauer haben eine interessante Gemeinsamkeit. Am Anfang beider Karrieren stand eine Ohrfeige. Die folgende 124-jährige Erfolgsgeschichte der Ottilien-Quelle war dann das Ergebnis des Fleißes und des Geschicks der Inhaberfamilie Fleischmann. Und deren stetigen Investition in Marke und Technik.
Die Randegger Ottilien-Quelle ist ein traditionsreiches Familienunternehmen aus dem Herzen des Hegau. Die von Vulkanbergen geprägte Landschaft zwischen Donau, Bodensee, Hochrhein und der Schweiz bietet ideale Voraussetzungen für besonderes Mineralwasser. In dieser Auvergne Deutschlands wurde 1892 der Grundstein der heutigen Randegger Ottilien-Quelle im wahrsten Sinne des Wortes mit einer Ohrfeige gelegt: Georg Fleischmann, der Urgroßvater der jetzigen Geschäftsführer, war Revierförster im Schloss des Fürsten Leopold von Sigmaringen. In dieser Funktion organisierte er Treibjagden für die adligen Gäste. Auf einer dieser Jagden schoss der junge belgische Erbprinz ausdauernd daneben. Das brachte dessen Blut derart in Wallung, dass er den Hund des Revierförsters erschoss. Georg Fleischmann platzierte daraufhin im Durchlauchten Gesicht die besagte Ohrfeige. Ergebnis: Der Revierförster musste den Dienst quittieren, damit der Fürst sein Gesicht wahren konnte, und wendete sich prompt einer neuen Herausforderung zu. Georg Fleischmann legte die Mitgift seiner Ehefrau Franziska und Erspartes zusammen und übernahm das Bad-Hotel nebst Mineralquelle in Randegg für 14.000 Mark. Fortan war die Familie Fleischmann Sodawasserfabrikant (Franz Beckenbauer entschied sich wegen seiner Ohrfeige übrigens gegen den TSV 1860 und für den FC Bayern).
Mineralquelle im Hauskeller
Die Spuren des Randegger Mineralbrunnens reichen freilich noch weiter zurück. Anno 1816 liest man beispielsweise im historisch-statistisch-topographischen Lexikon des Großherzogtums Baden: „In dem oberen Dorfe befindet sich eine reiche Quelle von Gesundheitswasser, welches Eisen und Schwefel mit sich führet. Es ist wirklich schade, dass diese Quelle nicht besser benutzt wird, da schon mancher Kranker diesem Wasser seine wieder erlangte Gesundheit zu danken hat.“
So reich wie 1816 beschrieben, war die Schüttung der Quelle dann tatsächlich aber nicht. In den wachstumsstarken 1980er und 1990er Jahren reichte das Mineralwasser der historischen Ottilien-Quelle nicht mehr aus. Es wurde eine Tiefbohrung in Auftrag gegeben. 1996 fand man dabei in 118 Meter Tiefe, nach einer 85 Meter starken Kiesschicht und oberhalb einer mächtigen Tonschicht, ein großes Wasservorkommen. Interessantes am Rande: Die historische Quelle sprudelt bis heute im Keller des vor 310 Jahren gebauten Bad-Hotels, in dem heute Seniorchef Dieter Fleischmann wohnt.
Gelebtes Umweltbewusstsein
Die Familie Fleischmann ist sich bewusst, dass sie ihr Mineralwasser günstigen geologischen Gegebenheiten verdankt, die in direktem Zusammenhang mit der sie umgebenden Natur stehen. Aus dieser Erkenntnis leitet sich auch ihre gelebte Verantwortung gegenüber der Umwelt ab. So erfolgt die Abfüllung ausschließlich in Mehrweg-Glasflaschen, der Vertrieb ist auf einen Radius von rund 50 km beschränkt. Dies garantiert kurze Wege und leistet einen großen Beitrag zur Verkehrs- und Müllvermeidung.
„Wir waren der erste Mineralbrunnen, der zu 100 Prozent regenerativ produziert hat. Und wir sind es bis heute“, verdeutlicht Clemens Fleischmann, der seit 2001 die kaufmännische Leitung des Betriebs verantwortet. So heizt die Ottilien-Quelle mit Holz-Pellets. Auf dem Betriebsgelände ist weiterhin die Hackschnitzel-Wärmeerzeugung der Randegger Fernwärme angesiedelt. Hinzu kommen noch die eigene Photovoltaik und der Strombezug aus Wasserkraft. Selbstverständlich wird vom Glas über Papier bis hin zum Kasten-Granulat alles sortenrein recycelt. Clemens Fleischmann denkt aber bereits weiter: „Vielleicht setzen wir irgendwann Elektro-LKW ein. Mit unserem kleinen Vertriebsradius sind wir dafür ja prädestiniert.“
Nicht zuletzt sorgt die Familie Fleischmann aktiv dafür, dass auch das direkte Umfeld der Quelle intakt bleibt. „Wir haben über die Jahre etwa 4,5 ha Land gekauft. Das garantiert uns auf lange Sicht, dass in der Nähe unserer Quelle nicht gedüngt, gemistet oder gebaut wird“, so der Seniorchef.
Portal- und Edelstahlbauweise überzeugen
Um diesem Wachstum in Produktion und Abfüllung adäquat folgen zu können, investiert die Familie Fleischmann kontinuierlich in den Maschinenpark. Dabei wird nicht gekleckert, sondern auch schon mal geklotzt. 2004 floss zum Beispiel auf einen Schlag der dreifache Jahresumsatz in die Abfüllung.
2015 war es wieder soweit: „Unsere Packer wurden in den 1990er-Jahren gebaut. Die waren extrem belastet worden, auch weil sie bei uns im Nassteil stehen. Das waren tickende Zeitbomben“, blickt Christoph Fleischmann, seit ebenfalls 2001 Geschäftsführer Technik, zurück. Mit der BMS Maschinenfabrik GmbH hatte die Familie Fleischmann zwar noch kein Projekt abgewickelt. Aber sie verfolgten das Unternehmen und seine Produkte schon lange auf Messen, in Zeitschriften und im Internet. „Besonders beeindruckt hat mich die Portalbauweise und die Tatsache, dass die Maschinen komplett aus Edelstahl sind. Ich habe dann in Pfatter direkt angefragt, als unsere alten Packer ausgetauscht werden sollten“, erzählt Christoph Fleischmann.
Vorgegeben wurde eine 6-Kopf-Maschine in Portalbauweise mit Servo-Antrieb in Volledelstahl mit automatischem Garniturenwechsel inklusive Magazine. Christoph Fleischmann verdeutlicht: „Ich wollte sechs Köpfe, auch wenn bei unserer Leistung weniger gereicht hätten. Aber ich bin kein Freund vom Anschlagfahren. Mit sechs Köpfen habe ich einfach einen ruhigen Lauf und die Möglichkeit, bei Bedarf aufzuholen.“ Und warum Portal und Edelstahl? „Heute hat man einfach keine Pendelstützen mehr. Das ist Stand 80er-Jahre. Die anderen Robotertypen werden dynamisch stärker belastet. Und lackierten Stahl habe ich doch gehabt. Das kenn ich. Das will ich nicht mehr.“
„Die haben uns als Kleinunternehmen wirklich ernst genommen“
Auch für Clemens Fleischmann startete das Projekt mit einer positiven Erfahrung: „Die gesamte Geschäftsleitung von BMS war hier und hat sich vorgestellt. Die haben uns als Kleinunternehmen wirklich ernst genommen.“ Vom ersten Gespräch bist zum Erteilen des Auftrags vergingen dann auch keine drei Wochen. Geordert wurden ein Einpacker BMS Unipack inklusive zwei Garnituren sowie ein Auspacker des gleichen Typs mit drei Garnituren sowie den entsprechenden Magazinen.
Die Altmaschinen sollten demontiert und 1:1 ersetzt werden. Beide neuen Packer waren zudem an die bestehenden Transporteure anzubinden. Die für die Neumaschinen zur Verfügung stehende Fläche war damit fix vorgegeben. Besonders herausfordernd bei der eigentlichen Montage waren dann die engen Platz- und Einbringungsbedingungen. Der Einsatz eines Krans war beispielsweise nicht möglich. Außerdem stand eine Maschine im Weg, die sich nicht demontieren ließ. Beide Unipacks wurden aus diesem Grund im Werk zuerst vollständig aufgebaut und getestet. Anschließend nahm BMS alle Bauteile, die über das Gestell des Packers hinausragten, wieder ab. Derart „abgespeckt“ ließen sich beide Packer in die Anlage einfahren, platzieren, montieren und in Betrieb nehmen. Steuerungstechnisch arbeiten die Unipacks bis auf den notwendigen Signalaustausch mit den Transporteuren autark.
Enge Platzbedingungen und enges Zeitfenster
Bei der Realisation ging es aber nicht nur bei den Platzbedingungen eng zu, sondern auch beim eingehaltenen Zeitfenster. Die Maschinenauslieferung startete konkret am 03.02.2016. Der Montagebeginn datierte auf den 04.02.2016, am 19.02.2016 gingen die Maschinen in Betrieb und am 11.03.2016 wurden sie erfolgreich abgenommen. Verarbeitet werden die Flaschen-Kästenkombinationen: 0,7-l-GDB und 0,75-l-Gourmet im GDB-Kasten 0,7 Liter (3x4), die 0,5-l-GDB im GDB-Kasten 0,5 Liter (4x3), die 0,5-l-Gourmet im Gourmetkasten 0,5 Liter (4x3) sowie die 0,25-l-Gourmet und –Vichy im Wasserkasten 0,25 Liter (5x4). Die Maximalleistung beträgt bei den 0,5-, 0,7- und 0,75-l-Kobinationen 2.200 Kästen/h. Sie reduziert sich bei den 0,25-l-Flaschen auf 1.320 Kästen/h.
Die 0,7- und 0,75-l-Kombinationen packen die Aus- und Einpacker jeweils mit ihrem Garnitursatz 1. Für die 0,5-l-Produkte ist am Einpacker auf den Garnitursatz 2 zu wechseln. Der Auspacker arbeitet weiterhin mit Garnitur 1. Mit der Garniturenkombination 2 am Auspacker und drei am Einpacker werden schließlich die 0,25-l-Varianten verarbeitet. „Früher hatten wir alle Garniturenteile auf Paletten. Bis da alles da und eingebaut war – da war man fix und fertig. Das ist jetzt einfach toll. Ich muss nichts mehr hin- oder wegfahren, alles ist vor Ort“, freut sich Christoph Fleischmann.
Es gibt noch zahlreiche weitere Details, welche die Familie begeistern. Christoph Fleischmann zählt auf: „Der Teleservice ist hervorragend. Dann die Zentralschmierung. Und dass kein Plexiglas, sondern nur Sicherheitsverbundglas verbaut wird, find ich richtig gut.“ Für den Senior mit seiner großen technischen Erfahrung ist der ruhige, sanfte Lauf des Servoantriebs ein echtes Plus: „Vorher gab es harte Bewegungen und Schläge. Das bedeutete viel mehr Verschleiß bei Flasche und Etikett.“ Hinzu addiert sich seine große Flexibilität. Sollte die Ottilien-Quelle dereinst eine 1- oder 1,5-l-Glasflasche einführen wollen, ist das keine große Sache. Schließlich fährt das Portal ja genau dorthin, wo es die Steuerung hinschickt. „Nicht einmal den Anschlag für den Flaschenstopp muss ich mechanisch einstellen. Das ist beim Servoantrieb schon toll. Obendrein sind die Maschinen robust und die Technik funktioniert zuverlässig“, erklärt Christoph Fleischmann.
Zusammenarbeit wird ausdrücklich gelobt
Dazu loben die Fleischmann‘s ausdrücklich die gute Zusammenarbeit. BMS bestach mehrfach durch unbürokratische Unterstützung bei der Fehlersuche und deren Beseitigung. Beispielsweise als ein sehr altes Kastenmaterial Störungen verursachte oder als ein neuer Hotmelt zur Verschlusssicherung zu spät abband. „Ich kann also unterm Strich nur Positives berichten“, resümiert Christoph Fleischmann. Verständlicherweise blickt die Familie überaus hoffnungsfroh in die Zukunft ihrer Ottilien-Quelle. Mit einer einzigen Einschränkung: „Bei 20 Mio. Füllungen pro Jahr“, schmunzelt Clemens Fleischmann, „sind wir dann aber mit unserem Einschichtbetrieb wirklich ausgelastet.“ Was dann geschieht? Wir werden es sicherlich in einer Fachzeitschrift oder im Internet verfolgen können.
Erschienen in: Getränkeindustrie / November 2016