Bisher wurden bei der BMS Maschinenfabrik GmbH die Sondermaschinen zuerst gebaut und anschließend im Werk mit ihrer Software ausgestattet. Aufgrund des dabei herrschenden engen Zeitfensters mussten die Zeiträume für die Inbetriebnahmen exakt geplant und eingehalten werden, um die Auslieferung vollständig getesteter Maschinen zu gewährleisten. Um den eigenen „Plug-and-Play“-Anspruch weiter zu verbessern, hat BMS jetzt in Eigenregie ein computergestütztes Simulationswerkzeug entwickelt, bei dem eine reale SPS mit einem virtuellen Maschinenmodell gekoppelt wird. Mit dieser Simulation können der Maschinenbau und die Inbetriebnahme der Software parallel zueinender erfolgen. Damit wird die Inbetriebnahme der Maschine oder Anlage beim Kunden entscheidend optimiert.
Wird die Maschine situationsgerecht von der SPS gesteuert? Die Beantwortung dieser Frage ist die primäre Aufgabe des neu entwickelten Simulations-Tools. Neben dem Normalbetrieb ist hier hauptsächlich die Reaktion auf mögliche Störungen wesentlicher Bestandteil des Tests. Die reale SPS der Maschine wird dazu von einem simulierten Modell vor konkrete Aufgaben und Herausforderungen gestellt. Das virtuelle Modell sendet beispielsweise Sensorsignale an die reale SPS, die daraufhin die entsprechenden Programmabläufe durchläuft und im virtuellen Modell die Aktoren wie beispielsweise elektrische Antriebe ansteuert. BMS sieht also sofort, ob die Maschinen- und Steuerungsabläufe ineinandergreifen. Oder ob bei einem simulierten Sensordefekt alle Störmeldungen tatsächlich so programmiert sind, dass der Bediener versteht, was gerade passiert.
Simulation parallel zur Elektrokonstruktion
Zeitlich angesiedelt ist diese virtuelle Inbetriebnahme deutlich vor der Maschinenauslieferung im Bereich Konstruktion. Idealerweise erfolgt sie zeitgleich zur mechanischen Konstruktion und der Elektrokonstruktion. Hier zeigt die Simulation beispielsweise, ob ein weiterer Sensor benötigt wird. Und zwar bevor die Konstruktionsunterlagen der Maschine an die nachgelagerten Abteilungen übergeben werden. Ein immenser Vorteil, verursachen nachgängige Änderungen doch nach der Zehnerregel überproportional Aufwand und Kosten. Diese Regel besagt, dass ein Fehler, der erst in der Werksinbetriebnahme gefunden und ausgeräumt wird, zehnmal teurer kommt als wenn die Korrektur schon in der Softwarekonstruktion während der virtuellen Inbetriebnahme erfolgt.
Kurz: Das Ergebnis der Simulation ist eine echte Win-win-Situation. Für den Kunden wird die Stillstandszeit von der Demontage der Altanlage bis zur Wiederaufnahme der Produktion einerseits so kurz wie nur möglich gehalten. BMS wiederum kann seine Kapazitäten flexibel und damit effektiver nutzen, weil die Mitarbeiter nicht an den seriellen Ablauf der Produktion einer Maschine gebunden sind. Sie können in freien Zeitfenstern und losgelöst von der fertigen physischen Maschine arbeiten - also im völligen Gegensatz zum bisherigen Zwang, weil sich die fertig montierte Maschine gerade in der Produktionshalle befindet.
Virtuelle Schulung und vorausschauende Wartung als weitere Fernziele
BMS denkt aber längst schon weiter. Eine Idee lautet, über die virtuelle Inbetriebnahme auch Schulungen durchzuführen. Der Bediener soll damit bei der Inbetriebnahme bereits wissen, was er wann zu tun hat. Ein weiteres Projekt betrifft die Aufzeichnung von Maschinendaten beim Kunden. Ziel ist hier eine Art 24/7-EKG der Maschine. Die Daten werden dazu in Echtzeit aufgezeichnet und in der Maschine hinterlegt. Im Fernservicefall greift BMS auf die Daten zu und kann diese unter anderem grafisch auswerten oder als rückblickende Simulation auf dem virtuellen Modell laufen lassen. So lässt sich zum Beispiel nachvollziehen, warum die Maschine eine Störung hatte. Das ist unter anderem wichtig, wenn der Kunde eine Störung nur vage beschreiben kann, da die Störung nicht beobachtet werden konnte.
Zu erkennen ist aber auch, wenn ein Motor oder eine Welle schwergängiger wird, der Antrieb also mehr elektrische Energie benötigt. Stichwort: vorausschauende Wartung. Fernziel ist hier ein eigenständiges Tool, das die Werte überwacht, vergleicht und bei Abweichungen den Servicefall auslöst. Denn im Vorfeld zu agieren ist bekanntlich wesentlich besser als im Ernstfall zu reagieren.